Nicht ohne Selbstbewusstsein nennt Hoteliersfamilie Schumann ihr Gourmetrestaurant im Luxusferienhotel Juwel. Es thront gefühlt ein wenig über den anderen Teilen des in vielen Bauphasen verschachtelt angeordneten Ferienhotels. Der Ausblick geht in die Natur und Küchenchef Robert Hauptvogel nutzt diese Bühne, um – so viel vorweg – durch die Bank zu glänzen.

Gute Gäste werden untergehakt von Petra Schumann an den Tisch geführt, familiär, herzlich, fröhlich, gut gelaunt – im Schumann und auch im Juwel ist Begeisterung die Grundstimmung der Mitarbeiter. Ein Menü, zwischen fünf und acht Gängen, darf gewählt werden. Im sächsischen Kirschau schafft Hauptvogel weltläufige wie eigenständige Gänge. Sie beeindrucken durch Substanz statt Dekoration, statt auf oberflächlichen Wohlgeschmack verlässt sich Hauptvogel auf Eigengeschmack der sehr guten Produkte. “Wintergarten” heißt schlicht der erste Gang. Zuckerwatte – richtig, wie auf dem Jahrmarkt – als Schneesimulation krönt eine in den Details präzise zubereitete Kombination. Sie besteht aus Schokoknusper, blanchiertem Rosenkohl, Ziegenkäsecreme, zu optisch an Körperlotion erinnernden lange eingekochten Topinambur, dem Inneren der Fingerlime-Zitrone, Schwarzwurzel. Und das klappt überzeugend. Fast noch ein wenig schlüssiger der Gang mit heimischem Stör als Zentrum – saftig geschmeidig das Stück Fisch. Gurke in Spänen und als Pulver, Schnittlauchblüten, frittierte Kapern und Stücke von Salzzitronen vermählen sich zu bitter-herzhaftem Geschmacksbild. Es ist nicht scheinend grell, sondern von zurückhaltender Schönheit, ein fast spröder Genuss. Mit seiner augenzwinkernden Variante der Hackfleischsuppe auf Basis eines acht Jahre alten Cheddars gibt es löffelsatt Glücksgefühle und Schmunzeln. Der Wolfsbarsch, getötet mit der Ikejime-Methode, findet Sparringspartner in Pecannüssen und erst dehydrierten und anschließend mit Riesling wieder hydrierten Trauben. Großartig auch die Bergamotte und Kaffirlimette asiatisch geschmorte Schweinebacke – vernehmlich und elegant aromatisiert. Daneben wirkt das Secreto vom Ibérico-Schwein beinahe konventionell.

Geschnitten wird das mit Messern aus der Manufaktur Nesmuk, die Speisen werden auf Porzellan von Fürstenberg serviert, das Wasser kommt im Becher Sip of Gold daher. Zum Dessert gar ein goldener Spaten. Schade, dass ausgerechnet bei den Weingläsern nicht auch der letzte Schritt zu feineren Modellen gewählt wurde. Denn die Weinkarte gibt Bekanntes zur Auswahl, aber auch mit der Weinbegleitung liegt Maître und Sommelier Patrick Grunewald goldrichtig und vermag zu überraschen.

 

Quelle: GAULT&MILLAU RESTAURANTGUIDE 2023/24, Seite 730
(enthält eine Textkorrektur)

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